"Ich glaube an Spinozas Gott"

atmaupamya Einsteins "kosmische Religiosität"

Eine "eigentümliche Religiosität" sah Einstein bei sich und bei anderen Wissenschaftlern, die von der Kirche oft nicht und von Nicht-Wissenschaftlern nie wirklich verstanden wird. Die Quelle für Einsteins Gottesbegriff ist Spinoza, der zu seiner Zeit als Ketzer, ihm jedoch als "religiöses Genie" galt.


Berühmt geworden ist Einsteins Antwort auf die Frage eines New Yorker Rabbiners, ob er an Gott glaube: "Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart, nicht an einen Gott, der sich mit Schicksalen und Handlungen der Menschen abgibt."

Heute erscheint Spinozas Ethik hochtheologisch, doch zu ihrer Zeit wurde sie als atheistisch abgelehnt, weil sie aus dem jenseitigen und persönlichen Gott eine abstrakte, absolute Substanz machte, die allem Seienden (Natur und Geist) innewohnt und zugleich alles umfasst. Diese pantheistische Konzeption hat Einstein sehr angezogen, für den "die Idee eines Wesens, welches in den Gang des Weltgeschehens eingreift, ganz unmöglich" war. Die "Furcht-Religion" kam für ihn so wenig in Frage wie die "moralische Religion" mit einem "Gott, der belohnt und bestraft". Dagegen setzte Einstein die "kosmische Religiosität", die "keine Dogmen und keinen Gott kennt, der nach dem Bild des Menschen gedacht wäre."

Es kann deshalb auch keine Kirche für sie geben, und den bestehenden Kirchen werden die "religiösen Genies", zu denen Einstein "Männer wie Demokrit, Franziskus von Assisi und Spinoza" (und vielleicht auch ein bisschen sich selbst) zählte, oft als Atheisten, manchmal auch als Heilige erscheinen. Das ist verständlich, doch die einzig wahre und mögliche Form für den Wissenschaftler ist eben die kosmische Religiosität, "die stärkste und edelste Triebfeder wissenschaftlicher Forschung." Es folgt der für Einstein ungewöhnlich pathetische Ausruf: "Welch ein tiefer Glaube an die Vernunft des Weltenbaues und welche Sehnsucht nach dem Begreifen, wenn auch nur eines geringen Abglanzes der in dieser Welt geoffenbarten Vernunft musste in Kepler und Newton lebendig sein, dass sie den Mechanismus der Himmelsmechanik in der einsamen Arbeit vieler Jahre entwirren konnten!"

Den Religionsgründern nicht unähnlich sah Einstein die Wissenschaftler, wenn er meinte, der Laie habe falsche Vorstellungen "vom Geisteszustand der Männer, welche - umgeben von skeptischen Zeitgenossen - Gleichgesinnten die Wege gewiesen haben, die über die Länder der Erde und über die Jahrhunderte verstreut waren." Ungeheure Kräfte seien notwendig, "trotz unzähliger Mißerfolge dem Ziel treu zu bleiben", und es sei "die kosmische Religiosität, die solche Kräfte spendet."

Spinoza wieder näher kam Einstein, wenn er 1918 in einer Rede zu Max Plancks 60. Geburtstag dessen Arbeit würdigte und meinte, "der Gefühlszustand, der zu solchen Leistungen befähigt, ist dem des Religiösen oder Verliebten ähnlich". In Wahrheit ist er auch bei Einstein beides und das, was bei Spinoza "amor Dei intellectualis", intellektuelle Gottesliebe heisst.


Quelle:
https://www.menscheinstein.de/biografie/biografie_jsp/key=3937.html



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